
Foto: Judith Hanke
Ist das, was wir machen verboten?
Wer sind wir eigentlich?
Wir sind in U. Die draußen auch.
Aber die sind aus B., oder?
Ah, hier kann man sich bewegen!
Sprechen funktioniert nicht.
Ach, doch, auf grün.
Ich habe mit Z. gesprochen.
Hä? Ich bin Z.
Hast du mit Z. gesprochen oder nur gelauscht?
Ah, gibt es da einen Unterschied?
Die Blauen erzählen uns was, wenn wir nah genug dran sind!
Ist O. vielleicht B. und U. vor der Spaltung?
Kann man Bruch fühlen oder sind das nur soziale Regeln?
M. ist tot!
Wie sollen wir Leute rekrutieren?
Die verstehen nicht, dass sie mit uns sprechen können!!!
Hast du was an die Wand geschrieben?
Hast du gehört, was A. gesagt hat?
M. ist ermordet worden!
Und es hat einen Anschlag gegeben, zu dem sich die Solidaritätsfront bekennt.
Sind wir die Solidaritätsfront?
Habt ihr was rausgefunden?
Vielleicht ist ein Verräter unter uns?
Sind wir die Guten?
Wer bestraft Bruch?
M. ist ermordet worden!
Jemand vermisst einen Schlüssel zu einer Wohnung, deren Balkon nach B. rausgeht.
Kann eine Topfpflanze Bruch begehen?
Glaubt ihr an O.?
Für wen arbeiten wir eigentlich?
Können wir sicher reden?
Was ist die Strafe für Bruch oder Verschwörung?
Die Zeit drängt.
A. wird verfolgt und ist weg.
Die Zeit tickt.
Wir müssen die Rekrutierten zu uns lotsen oder abhauen.
D. will auf jeden Fall.
Woher hast du so viele Infos?
D. hat den Tatort gefunden!
D. ist hier und denkt, wir wissen mehr.
Schnell weg!
Und dann ist das Spiel vorbei.
Keine Erklärung, nix. Wir Publikum rätseln weiter, tauschen uns aus und bleiben ratlos.
Hätten wir mit mehr Zeit alles lösen können? Wohl nicht.
Das liegt natürlich auch daran, dass die Geschichte ja nicht die einzige Herausforderung an diesem Spiel war. Auch das Orientieren in U. mussten wir erst üben. Ich war mit E. ein Team, das sich einen Computer und eine Mappe geteilt hat, unser Team musste sich mit 4 anderen Teams koordinieren, und immer wieder gab es neue Anweisungen von A. Das alles mit Zeitdruck.
Um U. zu verstehen mussten wir U. sowohl virtuell erforschen, als auch immer wieder Informationen zusammentragen und mit realen Menschen in U. sprechen und zusammenarbeiten, die sich ihrerseits auch erstmal zurecht finden mussten.
Jetzt, mehrere Stunden nach der Erfahrung, weiß ich immer noch nicht, wie ich INBETWEEN finde. Ich bin nachhaltig verwirrt. Ist INBETWEEN eine Metapher für das Nebeneinander der verschiedenen Lebenswelten in einer Großstadt? Dafür, wie sehr wir daran gewöhnt sind, einander nicht zu sehen, obwohl wir nebeneinandersitzen, dieselben Räume teilen? Ein soziales Experiment über Kooperation und Gehorsam? Oder ein interaktiver Krimi in einer bizarren Welt? Und warum will ich die Kategorien auseinanderhalten? Wieso nicht Bruch begehen und alles zusammen sehen!
Ich glaube, ich hatte Spaß. Aber ich bin zurück geblieben mit ganz vielen offenen Fragen zu dieser Welt, die ich gerne mehr verstehen würde und der Gewissheit, dass ich wohl niemals Antworten bekommen werde. Ich kann die Geschichte nicht zu Ende lesen oder die Fortsetzung schauen. Ich bin von einer Parallelwelt rekrutiert, benutzt und ratlos wieder ausgespuckt worden. Vielleicht steht in zehn Jahren der Geheimdienst von U. vor meiner Tür und lacht mich aus, weil ich dachte, es sei alles nur ein Spiel gewesen. Bis dahin weiß ich immer noch nicht, ob wir eigentlich wirklich die Guten waren. Und was das heißt, DIE GUTEN. Und was daraus folgt, egal, wie die Antwort lautet.
Aber vielleicht kommt dann die Solidaritätsfront und haut mich raus.

Design: Tomás Montes Massa
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Joris Kern hat zwar mal eine theaterpädagogische Ausbildung gemacht, gibt aber meistens Workshops rund um das Thema einvernehmliche Sexualität. Der Hunger nach Theater ist trotzdem da.
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»INBETWEEN – DIE ANDERE STADT«
Caspar Bankert, Sarah Buser, Tomás Montes Massa, Deutschland
Künstlerische Leitung, Code, Text Sarah Buser/ Game-Design, Text Caspar Bankert/ 3D-Design Tomás Montes Massa/ Dramaturgie Anna Vera Kelle/ Künstlerische Mitarbeit, Code, UI-Design Judith Hanke/ Assistenz Niklas Luft/ Koproduktion mit Schaubude Berlin