Innen (Miniatur) – Außen (große Prismenrasterbilder)
Durch die Auslagenfenster blicken einem zwei große, an menschliche Augen erinnernde Prismenrasterbilder entgegen, in Schwarz-Weiß durch starken Kontrast abstrahiert. Bewegt man sich an diesen Augen vorbei, so erkennt man die Silhouette einer Person in einem fragmentierten Raum, der sich bei näherer Betrachtung als Treppenaufgang herausstellt. Durch die Bewegung des eigenen Körpers, an den zwei Bildern vorbei, wird eine Animation im Bild geschaffen, die die menschlichen Umrisse der obskuren Figur auf der Treppe in Bewegung setzt.
Tritt man ins Innere, das Foyer der Schaubude, so findet man an zwei Wänden kleine Fotoabzüge mit den Einzelframes der Bewegung aus den Prismenbildern, etwa so groß wie Kontaktabzüge einer analogen Mittelformatkamera, die von weißen Passepartouts umrahmt sind und sich dem Betrachter nur durch sehr nahe und statische Betrachtung erschließen. Dieses Verlangen von Nähe kontrastiert die äußeren »Augen«, deren Größe und Bedürfnis nach Bewegung. Die Miniaturfotos wirken in den verhältnismäßig großen Passepartouts wie verloren, hängen schüchtern in Grüppchen hinter Tischen, sodass es der Initiative der Betrachter*innen bedarf, um diese wirklich auch sehen zu können.
Es scheint als wären Außen und Innen verdreht. Was meist nur ein kleiner Teil – eine Momentaufnahme oder ein minimaler Aspekt, den man bei einer kurzen Begegnung mit einem Menschen erfährt – ist, wird alltäglich als Äußerlich wahrgenommen, befindet sich hier aber im Innenraum. Das viel Größere, viel mehr bewegte und ein größeres Spektrum umfassende Innerliche wird nach außen einer anonymen Masse an vorbeigehenden Passant*innen und spontanen Betrachter*innen präsentiert.
Wie viel sehen wir voneinander, als Menschen die täglich aneinander vorbeilaufen, jeder auf seinem eigenen Weg, und doch als Teil einer Masse? Welche Momente halten wir fest und was sehen andere? Zersplittert und in ständiger Bewegung, wo doch durch das Innehalten Konturen viel klarer erkennbar werden könnten. Wie viel glauben wir zu sehen, ohne richtig hinzuschauen? Wir gehen untereinander, oder vielleicht auch nur nebeneinander. Was geht dabei unter, von uns selbst und von unserem Gegenüber?
Text: Eni Brandner, Medienkünstlerin und Animationsfilmemacherin, die den Charme des Maroden bezaubernd findet.
Foto: Lautaro Bianchi
WALK AMONG
Ausstellung. Lautaro Bianchi, Argentinien/Berlin.
September 2019 bis Januar 2020, Foyer Schaubude Berlin