Shaday Larios gehört zu Agencia EL SOLAR
English version below
Stichwort: das Genre Zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater erweitern. In dieser Wiederveröffentlichung eines Auszug aus dem Arbeitsbuch »Der Dinge Stand« (Verlag Theater der Zeit) geht es um die Hypothesen der Detektivagentur für Objekte EL SOLAR, deren Interpretationen der Wirklichkeit auf der ›Handlungsmacht der Dinge‹ basieren.
EL SOLAR ist eine Detektivagentur für Objekte, ein mobiles Untersuchungsbüro, das ortsspezifische, ethnografische Forschungsarbeit leistet. Wir versuchen, die Erinnerungen und Lebensumstände, die sich in Gegenständen von Bewohner*innen eines bestimmten Stadtviertels angesammelt haben, sichtbar zu machen. Davon ausgehend stellen wir Überlegungen zur Gegenwart und zum Wandel des Viertels und der Stadt an sowie zu Veränderungen und Übergangsstadien einer bestimmen Materialkultur. Deshalb bezeichnen wir unsere Produktionen als dokumentarisches
Objekttheater: Im Zentrum stehen die Lebenszyklen und die realen Geschichten der Dinge.
In unserer Agentur vereinen sich Jomi Oligors Beschäftigung mit Mechanik und Licht, die hochpräzise Objektanimation von Xavi Bobés und meine Arbeit des Schreibens sowie meine Arbeit mit szenischen Miniaturen. Unsere poetischen Arbeitsweisen wären für uns aber nicht vollständig ohne die inhaltliche Aufladung, die die Objekte durch die Wirklichkeit erlebt haben. Die Potenzialität, die aus diesen realen Einschreibungen entsteht, bestimmt unser künstlerisches Vorgehen und sämtliche ästhetischen Entscheidungen, wie die von uns Detektiven recherchierten Informationen präsentiert werden.

Als Detektive bezeichnen wir uns, weil wir uns auf das Aufspüren von Details im Material spezialisiert haben. Mithilfe dieser winzigen Hinweise, die auf den Objekten zu finden sind, stellen wir unsere Hypothesen auf. Diese entwickeln wir weiter, indem wir einzelne Informationen aus verschiedenen Quellen (Interviews, Bücher, historische Archive, Geschichten aus der jeweiligen Nachbarschaft usw.) miteinander verbinden, die immer im Zusammenhang mit unseren Forschungsobjekten stehen. Das Objekt führt uns zu unseren Informant*innen und umgekehrt – je nachdem, welcher Fall gelöst werden soll. Die Hypothesen sind somit unsere Schlussfolgerungen, die weit über reine Tatsachenbeschreibungen hinausgehen. Sie sind Interpretationen, die auf der Handlungsmacht der Objekte basieren, also auf ihrer Macht, zu soziokulturellem
Handeln anzustiften und in ihrer Materialität die Komplexität menschlicher Beziehungen und Bewegungen aufzuzeichnen und wiederzugeben – und seien sie noch so klein.
Mit etwas Glück führen uns diese mit den Objekten verbundenen Beziehungen zu neuen Erkenntnissen über eine Nachbarschaft, eine Stadt und über das Lebensgefühl ihrer Bewohner*innen…
Ein Arbeitsbericht von Shaday Larios aus »Primer Àlbum«, Girona, zuerst erschienen in »Der Dinge Stand – Zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater«, hrsg. von Annette Dabs und Tim Sandweg, Verlag Theater der Zeit 2018, S. 133-134; Übersetzung aus dem Spanischen: Hedda Kage und Tim Sandweg.
»Der Dinge Stand« kann direkt beim Verlag Theater der Zeit oder in der Schaubude Berlin erworben werden.
Weiterer Artikel auf diesem Blog zur Arbeit von Agencia SOLAR: Was bleibt. Archiv der erzählenden Dinge
English version
Cartographic objects
A Mexican-Spanish theatre collective operates a detective agency for objects under the name EL SOLAR, by Shaday Larios.
An extract of a work report for “Primer Àlbum“, first published in: “The State of Things – Contemporary Puppetry and Object Theatre,” Annette Dabs and Tim Sandweg (ed.), Verlag Theater der Zeit 2018, p. 133-134. Schaubude Berlin is currently co-producing the online object theatre and encounter project “Was bleibt.” (What Remains.) by Anya Deubel and Agencia EL SOLAR that is going to ‘premiere’ online tomorrow at www.wasbleibt-schaubude.com. Here, you can get to know their point of view on ‘things.’
EL SOLAR is a detective agency for objects, a mobile investigation office that undertakes site-specific ethnographic research. We attempt to make visible the memories and living conditions that have collected in the objects of residents in a certain part of the city. Proceeding from that we ponder the present and the transformation of the district and the city as well as changes and transitional phases of a certain culture of materiality. That’s why we refer to our productions as documentary object theatre. At its heart is the life cycle and the real stories of things.
Foto: Anna Bayo
Our agency combines Jomi Oligor’s mechanics andlight with high-precision object animation by Xavi Bobés and my writing work as well as my work with stage miniatures. For us our poetic approach wouldn’t be complete without the textual charge that the objects have gained through reality. The potentiality that arises from these real inscriptions determines our artistic approach and all of our aesthetic decisions on how to present the research information we have gathered as detectives. We call ourselves detectives because we have specialized in detecting details in materials. Working from these tiny references that can be found on the objects, we make our hypotheses. We develop them further by connecting information from various sources (interviews, books, historic archives, stories from the neighbourhood, etc.) that are always connected to our research objects.
The object leads us to our informants and vice versa – depending on the case that we are solving. So these hypotheses are our conclusions, and they go far beyond a mere description of facts. They are interpretations based on the agency of the objects, their power to trigger socio-cultural action and which in their materiality record and play back the complexity of human relationships and movements – no matter how small they are. With a little luck the relationships connected to the objects lead us to new findings through a neighbour, a city and the attitudes of its residents…
Translation from Spanish: Hedda Kage and Tim Sandweg.
You can purchase a copy of “The State of Things” directly at Verlag Theater der Zeit, or at Schaubude Berlin.